Herr Blase, wie erfahren Sie eigentlich, ob Ihr Musical beim Publikum ankommt?
Einerseits lese ich täglich die Showberichte. Und ich geh selbst oft in die Show. Ich habe mir unser Musical bislang 36 Mal angeschaut, das letzte Mal gestern. Es war wieder so gut wie ausverkauft, wieder Standing Ovations - so wie fast jeden Abend. Das zeigt, dass die Menschen diese Form der Begegnung, dieses Erlebnis im Theater brauchen. Im besten Fall bewegt es sie, bringt sie zum Lachen, aber auch zu Tränchen der Rührung. Und das haben unsere Autoren geschafft.
Reicht es den Zuschauern, gut unterhalten zu werden, oder erwarten sie nicht zuletzt angesichts der herrschenden Krisen - mehr von einem solchen Abend?
Wir sind eine wunderbare Truppe, die Coronazeit hat uns zusammengeschweißt. Unserem Publikum haben wir ebenfalls gut über die Zeit der Pandemie geholfen. Denn es schöpft aus der Show Hoffnung für den Alltag. Wir sind zwar bissig, aber wir geben auch Momente der Versöhnung: sogar gegenüber dem Zölibat und der katholischen Kirche in Köln. Diese Mischung aus Versöhnlichkeit und guter Unterhaltung können die Menschen bei uns zelebrieren. Gerade in schwierigen Zeiten ist das sehr wichtig.
Ist der Besuch von Konzert- und Theaterhäusern eine Form von Eskapismus?
Live-Veranstaltungen zu besuchen ist gerade sehr populär. Die Krisen scheinen diese Lust zu verstärken - auch wenn noch keine Endzeitstimmung erreicht ist. Von Eskapismus möchte ich nicht sprechen. Es ist eine Balance: Ich möchte in meinem Leben Verschiedenes erleben. Und das Live-Dabeisein ist nach wie vor ein wichtiges Element.
Ihre bisherigen Pläne sehen vor, bis 2024 in der Volksbühne am Rudolfplatz zu bleiben.
Wir wollen das gerne deutlich länger machen, der Zuspruch bestärkt uns darin. Dabei haben wir ein großes Vorbild: die „Heiße Ecke“, das St.-Pauli-Musical, das seit 20 Jahren im „Schmidts Tivoli“ spielt. Das wollen wir mit „Himmel und Kölle“ auch hinkriegen. Wir haben noch gar nicht seriös angefangen, das weitere Umland - 80, 100 Kilometer rund um Köln – zu akquirieren. Da sehen wir Riesenchancen. Ob wir nach 2024 in der Volksbühne bleiben können, ist noch nicht klar. Aber wer Corona übersteht, gibt auch sonst nicht auf.
Wie wichtig sind die sozialen Medien, um neue, jüngere Zielgruppen anzusprechen?
Wir machen da alles, allerdings nicht alles gleich gut. Social Media ist total wichtig: übrigens nicht nur, um junge Menschen zu erreichen. In den USA ist es schon so, dass Musicals ihre Songs ein Jahr vorher über die sozialen Medien verbreiten. Teilweise sind die dann noch vor der ersten Show auf Monate hinaus ausgebucht. Wir sind noch in der Erprobungsphase. Aber diese Dinge gilt es massiv auszuprobieren.
Sie sind beruflich recht breit aufgestellt, unter anderem als Geschäftsführer des Kunststofffabrikanten igus. Wie hat es Sie zusätzlich in die Kulturbranche verschlagen?
Die Kulturbegeisterung hat mich in der Pubertät gepackt. Ich war der erste Schüler auf dem Gymnasium, der eine komplette Theaterproduktion auf die Beine gestellt hat. Und ich habe immer davon geträumt, in den Kulturbereich zurückzukehren. Meine Produktionsfirma „apiro Entertainment“ ist eigentlich ein Unternehmen wie viele andere auch, die ich verantworten darf. Ich bin Unternehmer, in diesem Fall eben Kulturunternehmer.
Das Jahresende naht. Was wünschen Sie sich für das neue Jahr?
Mein Traum ist es, parallel noch ein zweites Musical spielen zu dürfen, an dem wir arbeiten. Darin soll es um die erste, noch inoffizielle Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen gehen, 1981 in Taiwan. Damals holte die SSG 09 Bergisch Gladbach, seinerzeit Deutscher Meister, den Titel. Die Premiere ist für den Frühherbst geplant.
Interview: Markus Düppengießer
AUF EINEN BLICK
„Himmel und Kölle“: viermal ausgezeichnet beim Deutschen Musical- und Theaterpreis, Kölner Kulturereignis des Jahres 2021. 336 Vorstellungen und etwa 120.000 verkaufte Tickets seit 2020. Jeweils mittwochs bis samstags in der Volksbühne am Rudolfplatz (400 Plätze). Acht Darsteller, drei Musiker, achtköpfige Crew hinter der Bühne. Autoren: Dietmar Jacobs, Moritz Netenjakob. Komponist: Andreas Schnermann, Regisseur: Gil Mehmert.
https://himmelundkoelle.de