Kurz vor dem Start des Deutschlandtickets teilten die Verkehrsunternehmen mit, dass sie neben den bestehenden 2,25 Millionen Abo-Kunden, die ihre Fahrkarte zum Deutschland-Ticket haben umschreiben lassen, 750.000 Neukunden gewonnen haben. Ein erster Achtungserfolg. Das ausgegebene Ziel von sechs Millionen Neukunden liegt damit zwar noch in weiter Ferne, aber die Unternehmen rechnen mit einer "kontinuierlichen Nachfrageerhöhung in den nächsten Wochen und Monaten".
Shuttlebusse sorgen für bessere Lebensqualität
Sollten die Zahlen am Ende wirklich in diesem Bereich liegen, stellt sich die Frage, ob das Deutschlandticket sich nicht doch zu einem echten „Gamechanger" mausern kann und damit nicht nur das Mobilitätsverhalten der Bürger entscheidend ändern könnte, sondern vielmehr auch das Aussehen der Innenbereiche der Gemeinden und Städte. Denn dort, wo einmal - im besten Fall - erheblich weniger Autos den Lebensraum der Menschen, insbesondere in größeren Städten, einengen, könnte bald schon mehr Platz zur Verfügung stehen. Für Radwege, für Grünflächen, kleine Parkanlagen oder ganze Grüngürtel.
Darüber hinaus könnten Projekte wie die „essbare Stadt", wie sie etwa in Andernach und anderen Städten bereits erprobt werden und sich großer Beliebtheit erfreuen, ausgeweitet werden. Bei einer entsprechenden Erweiterung des ÖPNV in den Innenstädten könnten, so wie es in Speyer seit Jahren bereits umgesetzt wird, ganze Einkaufsstraßen für den Autoverkehr gesperrt werden. Die in Speyer eingesetzten Shuttlebusse haben erkennbar nachhaltig für eine bessere Lebensqualität gesorgt, die Luftqualität verbessert und für mehr Ruhe gesorgt.
Wenn also jetzt der Umbau unserer Städte ebenso energisch angegangen wird, wie es Paris, Kopenhagen, Amsterdam, Stockholm oder Barcelona seit Jahren vormachen, dann würde nicht nur die Verkehrswende weiter an Fahrt aufnehmen, sondern auch die Neugestaltung der Städte. Denn viele Stadtbewohner leiden mittlerweile unter der "dicken" Luft, die sich gerade in den Sommermonaten über die zubetonierten Flächen legt.
Stadtluft macht schon lange nicht mehr frei, sie macht krank. Und schon länger wächst der Widerstand gegen die antiquierte Vorstellung der 1960er- oder 1970er-Jahre, man müsse mit seinem Pkw direkt in die Vorhalle des Shopping-Centers hineinfahren. Zumal sich durch die Corona-Pandemie der vorher schon eingesetzte Trend erhöhter Internetkäufe noch weiter fortgesetzt hat. Autofahrten in die Stadt sind nachweislich weniger erforderlich, mithin völlig sinnfrei geworden. Denn die größeren Einzelhandelsketten haben längst den Rückzug aus den Städten vollzogen, weg von den großen Häusern in den Innenstädten und hin zum Online-Verkauf.
Städtischen Raum mit Leben füllen
Zukünftig könnte der städtische Raum wieder mit anderem Leben erfüllt werden. Kleinere Läden, Orte des Zusammenkommens, Plätze, auf denen die Menschen gerne verweilen. In den Schaufenstern der eben noch von den großen Warenhausketten besetzten Gebäude könnten Kunst und Kultur Einzug halten und begeistern. Was so utopisch klingt, wird anderswo bereits getestet. Stichwort: Die "15-Minuten-Stadt". Warum nicht auch bei uns? Das Deutschlandticket könnte im wahrsten Sinne des Wortes den Weg dahin ebnen.
München ist teuerste Stadt
Die Mieten steigen, insbesondere in den Ballungszentren: Haushalte in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hatten nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2022 eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 8,30 Euro pro Quadratmeter. Das waren 30 Prozent mehr als in Kleinstädten und ländlichen Gemeinden, wo die durchschnittliche Nettokaltmiete bei 6,40 Euro lag. München ist mit 20,12 Euro pro Quadratmeter die derzeit teuerste Stadt im Mietpreis-Ranking (Neubau) 2022. Danach folgen Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart.
Deutsche Haushalte wendeten durchschnittlich 27 Prozent ihres verfügbaren Haushaltseinkommens für Miete und Nebenkosten beziehungsweise den Unterhalt ihres bei 6,40 Euro Wohneigentums auf. Laut Statistischem Bundesamt lebten 2019 11,4 Millionen Menschen in Deutschland in durch ihre Wohnkosten überlasteten Haushalten. Das heißt, sie mussten mehr als 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens fürs Wohnen ausgeben.