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Wirtschaftliche Stärke rückte Gummersbach in den Fokus
Preußischer Sparzwang ließ zwei Landkreise von Landkarte verschwinden
Wirtschaftliche Stärke rückte Gummersbach in den Fokus
Wirtschaftliche Stärke rückte Gummersbach in den Fokus
Landrat Dr. Gustav Haarmann in seinem Amtszimmer, 1932. Bild: Kreisbildstelle OBK

Wenn man die Geschichte zu diesem Jubiläum betrachtet, ist es ein wenig wie bei „Dinner for One oder der 90. Geburtstag“ Während auf diejenigen, die schon längst dahingegangen sind, in rührender Erinnerung angestoßen wird, sitzt real am Tisch nur noch einer. Wäre der Untertitel „Die preußische Kreisreform von 1932“, dann wäre Mr. Pommeroy der Kreis Waldbröl und Sir Toby der Kreis Wipperfürth – Miss Sophie wäre auf jeden Fall der Kreis Gummersbach, denn schließlich trägt heute ein jeder oberbergische Kfz-Fahrer das GM in die Welt. Wer sich aber vergewissern möchte, woher dieser Wagen wohl kommt, liest auf dem Umlauf um das NRW Landeswappen auf der Zulassungsplakette „Oberbergischer Kreis“.Blick ins GesetzbuchWie kam es zur Gründung dieses Kreises, den der langjährige Landrat Hagen Jobi (Landrat 2004-2015) regelmäßig bei offiziellen Veranstaltungen als „den schönsten Landkreis Nordrhein-Westfalens“ bezeichnete?Diese Frage lässt sich mit einem Blick ins Gesetzbuch beantworten, denn mit der „Verordnung des Preußischen Staatsministeriums über die Neugliederung von Landkreisen“ vom 1.8.1932 (Preußische Gesetzsammlung Nr. 43, die zum 01.10.1932 in Kraft trat, wurden Auflösung und Zusammenschluss der oberbergischen Kreise in den §§ 105 und 109 bis 111 geregelt.

§105: Die Landkreise Gummersbach und Waldbröl werden zu einem neuen Landkreis „Agger-Wiehl-Kreis“mit dem Kreissitz in Gummersbach zusammengeschlossen.

§109: In den Landkreis Siegkreis wird der Teil des zu bildendenAgger-Wiehl-Kreises eingegliedert, der aus den dem Amte Dattenfeld zugehörigen Landgemeinden besteht.

§110: Zwischen den Landgemeinden Drabenderhöhe des neu zu bildenden Agger-Wiehl-Kreises und der Landgemeinde Much des Siegkreises und der Landgemeinde Engelskirchen des neu zu bildenden Landkreises „Rheinisch- Bergischer Kreis“ findet eine Grenzberichtigung nach Maßgabe Anlage 1 statt. §111: Die bisherigen Landkreise Mülheim/ Rhein, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl und Rheinbach werden aufgelöst.

Ganz genau gerechnet

Somit ist in klarem „Beamtendeutsch“ emotionslos zusammengefasst, was in den einzelnen Kreisstädten, in Räten, Kneipen und Zeitungen lange Zeit hohe Wellen geschlagen hatte. Erste Bestrebungen zum Zusammenschluss von Kreisen gab es nämlich schon vor dem ersten Weltkrieg. Die Begründung zu dieser Kreisreformlieferten Bestrebungen, die Wirtschaftlichkeit der Kreisverwaltungen zu verbessern. Hier war als Vorgabe gegeben, mit den neuen Kreisen eine Mindesteinwohnerzahl von mind. 60.000 Menschen zu erreichen. Die kleineren Kreise sollten in den größeren aufgehen.

Die Kreise Wipperfürth und Waldbröl hatten weniger als 30.000 Einwohner, der Kreis Gummersbach schon Mitte der 20er Jahre knapp mehr als 50.000; zudem galt der Kreis Gummersbach auch als der „wirtschaftlich stärkste“ der oberbergischen Kreise. Schon 1928 wurden die Landräte im Regierungsbezirk Köln aufgefordert, ausführliche Stellungnahmen zum Thema Kreiszusammenlegung abzugeben. Die weiteren Jahre blieb die Diskussion aber auf die zuständigen Verwaltungsstellen begrenzt, so dass die Bevölkerung der betroffenen Kreise, deren Auflösung geplant war, glaubte, die Sache sei im Sande verlaufen. Das Vorhaben trieb erst zügig seiner Verwirklichung entgegen durch die zweite Preußische Sparnotverordnung vom 23. Dezember 1931, die bewusst durch die Zusammenlegung von kleineren Verwaltungen Personal einsparen wollte. Heute wissen wir, dass dieses staatlich verordnete extreme Sparen die Wirtschaftskrise am Vorabend der Machtergreifung der Nationalsozialisten nur noch zusätzlich verstärkte. Somit wurde durch die oben genannte Verordnung am 01.10.1932 die Zahl der preußischen Kreise von 408 auf 350 verringert.

Der Oberbergische Kreis entstand. Der Name wurde noch kurz vor Inkrafttreten von Agger-Wiehl-Kreis auf Oberbergischer Kreis abgeändert. Dieses hatte der Kreisausschuss des Kreises Gummersbach noch am 02.09.1932 beschlossen. Die an die preußische Regierung gesendete Begründung lautete: „Der Name Agger-Wiehl- Kreis, insbesondere die Bezugnahme auf den kleinen Wiehlfluß, entspricht nicht der wirtschaftlichen Bedeutung des neuen Kreises und den Interessen seiner Industrie, die auswärts allgemein als im Oberbergischen liegend bekannt ist. Der neue Oberbergische Kreis umfasste nun neben den Städten Gummersbach und Bergneustadt, die Gemeinden Denklingen, Drabenderhöhe, Eckenhagen, Gimborn, Lieberhausen, Marienberghausen, Marienheide, Morsbach, Nümbrecht, Ründeroht, Waldbröl und Wiehl. Der Kreis Wipperfürth, mit der Altgemeinde Engelskirchen, Lindlar und Wipperfürth wurde mit dem Kreis Mülheim am Rhein zum Rheinisch-Bergischen-Kreis zusammengefasst. Hückeswagen und Radevormwald gehörten zum neuen Rhein- Wupper-Kreis. Somit verschwanden mit Wipperfürth und Waldbröl zwei Kreise, die seit 1816 existiert hatten, von der Landkarte.

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Aufmarsch des demokratischen „Reichsbanner“ in Gummersbach, 1932. Bild: Kreisbildstelle OBK
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Von Ost nach West schlängelt sich das Teilstück der A 4 durch das Bergische. Der letzte Abschnitt von Gummersbach zum Kreuz Olpe-Süd wurde 1976 fertiggestellt. Bild: Kreisbildstelle OBK

Aus 14 Kommunen wurden 10

Der erste Landrat des oberbergischen Kreises wurde der bereits seit 1911 in Gummersbach Dienst tuende Landrat Dr. Gustav Haarmann. Der seit 1919 amtierende Waldbröler Landrat Dr. Otto Eichhorn wurde nach Verden an der Aller versetzt.1969 wurden durch Zusammenlegung aus den 14 Oberbergischen Kommunen nur noch 10 Kommunen.

Das Wappen

Der Oberbergische Kreis in seiner heutigen Form, entstand mit der Zusammenlegung des östlichen Teils des Rheinisch-Bergischen Kreises, das heißt mit Lindlar und Wipperfürth, sowie mit zwei Städten aus dem Rhein-Wupper-Kreis – Hückeswagen und Radevormwald. Somit umfasst er heute 13 Städte und Gemeinden. Dass dieser Landstrich zwischen der Wupper im Norden und der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz im Süden, schon lange vor den Zusammenlegungen von 1932 und 1975 ein sehr unhomogenes Gebiet war, zeigt ein Blick auf das Wappen des Oberbegischen Kreises. Es zeigt Symbole dreier souveräner Länder des Heiligen Römischen Reiches, die sich auf dem Kreisgebiet erstreckten. Das märkische Schachbrettmuster für die Grafschaft Mark (Marienheide, Bergneustadt, Gummerbach, Altgemeinde Ründeroth) die Homburg für die Grafschaft Homburg vor der Mark (Wiehl und Nümbrecht) sowie den Bergischen Löwen für das Herzogtum Berg (Radevormwald, Hückeswagen, Wipperfürth, Lindlar, Altgemeinde Engelskirchen, Waldbröl, Morsbach Eckenhagen.

Somit bewohnen die heute mehr als 270.000 Oberberger eine Region ganz unterschiedlicher landesherrlicher und konfessioneller Prägung, deren Verkehrsanbindungen in Ost-West Richtung, also entlang der A4 zwischen Eckenhagen und Engelskirchen sehr gut ist. Dass die Verkehrsverbindungen in Nord-Süd Richtung eher schwierig sind, liest man schon in den verschiedenen Stellungnahmen der Landräte im Vorfeld der Kreisreform von 1932. Diese würden eine solche Zusammenlegung nur erschweren. An der Tatsache hat sich nicht viel geändert, denn für eine Durchquerung des Oberbergischen Kreises von Radevormwald bis Morsbach muss man ca. anderthalb Stunden einplanen. Insofern hat der Landrat ein großes Gebiet dienstlich zu bereisen.

Funktionen heute

Wurde dieser 1932 noch von der Staatsregierung ernannt, wird er heute in demokratischen Wahlen von der Bevölkerung gewählt und steht einer Kreisverwaltung vor, die heute viele Dienstleistungen für Bürger und Kommunen bietet. Am meisten wahrgenommen wird vielleicht das Straßenverkehrsamt. Aber auch die Bauaufsicht und das Jugendamt für die kleineren Kommunen übernimmt der Kreis. Ebenso betätigt er sich in der Förderung von Sport und Ehrenamt sowie in der Altenpflegeausbildung. Die Bedeutung des Kreisgesundheitsamtes ist vielen in der Corona-Pandemie bewusst geworden und mit dem Kreiskrankenhaus und dem flächendeckenden Rettungsdienst gewährleistet der Oberbergische Kreis lebensrettende Infrastruktur für alle Einwohner. Allerdings sei lieber die Inanspruchnahme einer weiteren Kreiseinrichtung allen Oberbergern empfohlen: das Kreismuseum auf Schloss Homburg.

Gastbeitrag von Marcus Dräger
Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Oberberg

"Gummersbach galt von Beginn an als die wirtschaftlich stärkste Kommune im Kreis"

"Die Verkehrsanbindung in Nord-Süd-Richtung war von Beginn an schwierig"