Wo man auch hinschaut: Fast alle Wirtschaftskanzleien verzeichnen seit einiger Zeit Umsatzrekorde und steigern ihre Produktivität. Die Coronakrise hat dem Geschäft nicht geschadet. Im Gegenteil, sie hat es sogar noch belebt. Selbst der Angriff Russlands auf die Ukraine konnte diesen Trend kaum brechen. Krisen sind offenbar gut für das Geschäft von Wirtschaftsanwälten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Themen wie Restrukturierung oder Arbeitsrecht haben an Bedeutung gewonnen, weil sich Unternehmen neu aufstellen mussten. Ohnehin befinden sich viele Branchen wie die Autoindustrie - Stichworte E-Mobilität und autonomes Fahren - in einem fundamentalen Umbruch. Die Digitalisierung und ein neues regulatorisches Umfeld sorgen für neue Herausforderungen.
So werden Umwelt- und Sozialstandards wichtiger. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, andernfalls droht Ärger mit Staaten, Organisationen oder sogar mit den eigenen Aktionären. Fast alle großen Kanzleien werben damit, dazu Rechtsrat anzubieten.
Zeitgleich setzten viele Unternehmen nach einer kurzen Phase des Innehaltens zu Beginn der Coronapandemie verstärkt auf strategische Kooperationen und Zukäufe. So boomte in den Kanzleien das besonders lukrative M & A- und Private-Equity-Geschäft. Über Jahre niedrige Zinsen befeuerten den Boom, auch Kapitalmarktexperten profitierten da-von. Besonders dynamisch haben sich die Corporate-Themen entwickelt, also Fusionen und Unternehmenskäufe, Kapitalmarktdeals und die gesellschaftsrechtliche Beratung. Aber auch Litigation und Regulierung sind kräftig gewachsen. Wichtigste Treiber waren Konzerntransformation und Digitalisierung. Die zunehmende Nachfrage zu den Themen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG) mache sich ebenfalls bemerkbar. „Corona hatte vor allem auch Disruptions- und Katalysatorwirkung auf Geschäftsmodelle und Märkte. Veränderungen wurden angestoßen oder beschleunigt“, sagt Markus Paul, Managing Partner für die Region Kontinentaleuropa bei Freshfields. Zudem hätten die niedrigen Zinsen geholfen. „Für uns bedeutete das: viele grenzüberschreitende Transaktionen, sowohl in Europa als auch mit transatlantischem Bezug zu den USA. Zum Beispiel als wir Astra-Zeneca bei der Übernahme des US-Biotech-Konzerns Alexion berieten“, sagt Paul.