Was nicht zählbar ist, das existiert nicht
Erst nachdem die psychischen Erkrankungen zahlreicher artikuliert wurden und in Statistiken, etwa über die Gründe für Fehlzeiten oder Frühverrentung von Arbeitnehmern, auftauchten, fanden sie die Beachtung, die ihnen zustanden. Möglich, dass es noch weitere „Volkskrankheiten“ gibt, die derzeit unbeachtet vor sich hinschlummern und erst noch enttabuisiert werden müssen. Die Definitionen zum Begriff der Volkskrankheiten, die in den Printmedien und im Internet, von der WHO über das RKI bis hin zu den Krankenkassen, angeboten werden, setzen Volkskrankheit oft mit Zivilisationskrankheit gleich. Gemeint ist damit in der Regel unsere westliche Zivilisation – mit allem, was in Bezug auf die Themen Wirtschaft und Arbeit als wichtig angesehen wird.
Krankheit ist, was Geld kostet
Interessant ist hierbei die Kategorisierung und Zählweise der Volks- bzw. Zivilisationskrankheiten. Als Beispiel sei hier eine Definition des IKK e.V. zitiert: „Der Begriff der Volkskrankheiten, auch Zivilisationskrankheiten genannt, umfasst Krankheiten, die aufgrund ihrer großen Verbreitung und wirtschaftlichen Auswirkungen von hoher gesellschaftspolitischer Bedeutung sind.“ Als Volkskrankheit gilt demnach eine Krankheit, die viel Geld kostet. Oder im Umkehrschluss: Eine potenzielle Volkskrankheit, die der Wirtschaft keine oder nur geringe Kosten verursacht, existiert als solche nicht. Eine zumindest in dieser Hinsicht fragwürdige Definition. (dst)
"Zu den Volkskrankheiten gehören u.a. Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht, Depressionen und Krebs."
Definition des IKK e.V. auf www.ikkev.de/politik/gkv-in-zahlen/volkskrankheiten-in-zahlen/