Die Frage ist in der politisches Auseinandersetzung immer noch nicht ausreichend geklärt: Warum ist eine duale Ausbildung im Handwerk im Vergleich zu einem Universitätsstudium mindestens genauso wichtig? Wenn es keinen Nachwuchs gibt, wird es lang-, manchmal aber auch schon kurzfristig bestimmte Berufsbilder nicht mehr geben. Das gilt natürlich auch für das Handwerk mit all seinen Facetten.
Der Mangel an Auszubildenden im Handwerk ist ein drängendes Problem, das sich in allen Branchen bemerkbar macht. Besonders betroffen sind momentan die Bereiche Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, das Kraftfahrzeug- und Elektro-Handwerk. Trotz der Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten sind noch immer nicht genügend Auszubildende in diesen Handwerksbereichen zu finden. Und auch wenn im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik die Ausbildungszahlen zwar zugenommen haben – sicherlich auch aufgrund der drängenden Klimaproblematik -, decken sie den Bedarf bei weitem nicht. Eigentlich also ein gutes Zeichen für junge Menschen, die eine Ausbildung im Handwerk beginnen möchten: Derzeit stehen die Chancen, einen passenden Ausbildungsplatz zu bekommen, sehr gut.
Akuter Handwerkermangel
In unserer Region fehlen also vor allem Handwerker*innen im Bauhaupt- und Baunebengewerbe (Sanitär-, Heizung-, Klimatechnik, Elektro und Hochbau) und im Kfz-Bereich. Neben dem sehr großen Bedarf an qualifizierten Fachkräften in diesen Gewerken ist gerade auch das Fleischer-Handwerk gebeutelt und sucht dringend nach qualifizierten Mitarbeitenden. In diesem Jahr hat beispielsweise bisher niemand in unserem Innungsgebiet eine Ausbildung als Fleischereifachverkäufer*in begonnen. Die Vielfalt der Berufe droht verloren zu gehen. Wir müssen immer wieder feststellen, dass es an Menschen fehlt, die sich fürs Handwerk und bestimmte handwerkliche Berufe begeistern. Dass es einen branchenübergreifenden Mangel an Fachkräften gibt, ist ja nicht neu. Und er hat sich über Jahre aufgebaut und war absehbar. Neben dem demografischen Rückgang und der steigenden Akademisierung wird dieser Mangel auch durch die oft fehlende oder unzureichende Berufsorientierung verursacht. Viele junge Menschen sind nicht ausreichend über die Chancen und Möglichkeiten im Handwerk informiert, was zu einem Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt führt. Eine verbesserte Berufsorientierung und mehr Aufklärung über die Attraktivität handwerklicher Berufe sind notwendig, um dem Mangel an Fachkräften im Handwerk entgegenzuwirken. In Politik und Gesellschafft braucht es die flächendeckende Erkenntnis, welche anspruchsvollen Inhalte die modernen dualen Ausbildungsberufe haben. In Schulen, vor allem in Gymnasien, und von den Eltern muss noch viel stärker berücksichtigt werden, dass eine Ausbildung im Handwerk niemals nur Plan B ist. Es sollte auch der Weg aufgezeigt werden, auf dem erfolgreiche Azubis je nach ihrer eigenen Entscheidung mehr machen können, also studieren gehen oder sich anderweitig weiterbilden oder auch ganz einfach Spaß an ihrem Beruf haben dürfen, den sie sich ausgesucht haben. „Wir werden nicht müde zu betonen, wie facettenreich, kreativ, zukunftssicher und ausbaufähig die duale Ausbildung im Handwerk für jeden einzelnen sein kann und ist. Mein Appell geht nicht nur an die jungen Menschen, sondern auch an deren Eltern, die Schulen und vor allem an die Politik. Eine Gleichsetzung der dualen Ausbildung im Handwerk mit dem Bachelor-Studium ist dringend notwendig. Das Zitat eines unserer Obermeister trifft den Kern der Sache: ‚Als Dekan einer Uni wirst du kaum mehr Meister im Handwerk, aber als Meister kannst du sofort zur Uni und auch noch Dekan werden.‘“, unterstreicht Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, noch einmal die Wichtigkeit einer dualen Ausbildung im Handwerk.